Mittags um 12 Uhr in der Fischer Vroni: Das Zelt ist noch relativ leer, die Musik gemütlich und die Stimmung urig. Am Rande des Getümmels, in einer der Boxen an der Zeltwand, hat sich eine besondere Gruppe Menschen zusammengefunden. Der gemeinnützige Verein „Ein Herz für Rentner“ hat eingeladen und eine Gruppe bedürftiger Senioren sind seinem Ruf gefolgt. Zusammen mit den Organisatoren und engagierten freiwilligen Helfern dürfen sie heute nach Lust und Laune auf dem Oktoberfest schlemmen.
Bundesweit sind etwa 5,7 Millionen Menschen von Altersarmut betroffen. Laut Statistischem Bundesamt hat 2016 jeder Neunte der 65- bis 74-Jährigen seine Rente durch Arbeit über das Rentenalter hinaus aufgebessert! In München leben mehr als 20 000 Rentner am Existenzminimum. Von Altersarmut betroffen sind Rentner, deren Netto-Einkommen unter 958€ monatlich liegt. Immer mehr Münchner beantragen zudem Grundsicherung im Alter. „Ein Herz für Rentner“ will helfen. Gemeinsam für mehr Würde im Alter – so lautet das Motto des Münchner Vereins. Unterstützt werden Rentner über 60 Jahren, deren Geld nicht für das Nötigste ausreicht. Zudem setzt er sich aktiv gegen Einsamkeit im Alter ein.
Durch kostenlose Veranstaltungen, wie einem gemeinsamen Wiesn-Besuch, soll dem Vereinsamen im Alter vorgebeugt werden. Für viele Rentner ist ein Konzert- oder Cafebesuch aufgrund von fehlenden finanziellen Mittel nahezu undenkbar. Von den horrenden Preisen auf dem größten Volksfest der Welt ganz zu schweigen. „Die meisten können sich nicht einmal die Tüte Mandeln leisten“, sagt Sandra Bisping, die Gründerin der Organisation. Seit zwei Jahren veranstaltet sie die Wiesn-Besuche. Die Fischer Vroni ist dieses Jahr schon das dritte Zelt, das das Projekt unterstützt. Glücklicherweise trifft die Aktion bei den Wirten auf offene Ohren. Sie wollen sich engagieren und die ältere Generation unterstützen. Die Wiesn soll schließlich ein Fest für alle sein und vor allem für alle Münchner. Auch Rentner wie Gerd G. (74), die sich einen Besuch nicht so einfach leisten können. Der Senior hat sich über die Einladung sehr gefreut und ist angenehm überrascht vom Bierzeltambiente im kleinsten der großen Festzelte. Die Stimmung ist gelöst, aber nicht wild. Bei gemütlicher Blasmusik lässt sich noch das ein oder andere Gespräch führen ohne sich über den Tisch anschreien zu müssen. Das kommt dem Rentner sehr gelegen.
Auch die Unterstützer des Vereines genießen den gelassenen Ausflug sichtlich. Die 19-Jährige Mara A. arbeitet seit einigen Monaten als Werkstudentin bei „Ein Herz für Rentner“. Die Arbeit im Verein hat ihr „wirklich schon viel gegeben“ und die glücklichen Gesichter ihrer Schützlinge freuen die angehende Studentin sichtlich. Auch Peter T. und seine Frau Rose wurden vom Verein eingeladen, um ihr Engagement zu würdigen. Seit April ist Peter nun Rentner und hilft seitdem wo er kann. Vom Stadtzentrum bis Haar hat er in den letzten Monaten alles abgefahren und Flyer verteilt. Er findet, man soll endlich etwas für verarmte Rentner in unserem Land tun. Sowohl von staatlicher Seite als auch durch das Engagement von Einzelnen. Er hält die Speisekarte in der Hand und deutet auf das Seniorengericht mit vergünstigtem Preis. Manchmal sind es eben auch die kleinen Dinge, die einen Unterschied machen.
„Ein Herz für Rentner“ finanziert sich ausschließlich über Spendengelder und freut sich über jegliche Unterstützung. Zusammen lässt sich viel bewegen! Rentner gehören in die Mitte unserer Gesellschaft und nicht nur an den Rand.