Eine Düsseldorferin auf dem größten Volksfest der Welt? Eine kleine Geschichte über Sprachbarrieren und Alkohol als Kulturvermittler.
Die Petition läuft. Wiesn soll in den Duden. Der Chef von Radio Gong Georg Dingler rührt schon einmal in Kufflers Weinzelt die Werbetrommel. Eine gute Gelegenheit also, um Werbung für bayrisches Kulturgut zu machen und auch den Sprachbegeisterten in der Bundeshauptstadt Berlin klar zu machen, wie wichtig die Wiesn für die Bayern ist. Diese hatten sich ja dummerweise geweigert „Wiesn“ als Wort in die Neuauflage des gelben Schinkens Duden, auch als Dudn bekannt, aufzunehmen. Jetzt läuft der Protest.
Wie sinnvoll diese Maßnahme ist, zeigt anschaulich das Beispiel einer jungen Verkäuferin in „Martls Herzerlmalerei“ auf dem Oktoberfest in München. Charlotte Dahmen kommt ursprünglich aus Düsseldorf. Das Studium zog sie vor einem Monat in die bayrische Landeshauptstadt. Erste Lektion der angehenden Architekturstudentin: Wiesn schreib man ohne „e“. Ein zentraler Punkt, wenn man für die Beschriftung der traditionellen Lebkuchenherzen zuständig ist. Eine „Wiesen“ ruft schon einmal Empörung und vor allem irritierte Blicke bei den Münchner Kunden hervor. Der Chef nimmt’s mit Humor: Seine Angestellte achtet eben ganz genau auf korrekte Schreibweise. Jetzt gibt es Nachhilfeunterricht, damit so ein Fauxpas nicht nochmal passiert. Auch die richtige Aussprache der Maß hat die Studentin schon gelernt. Trotzdem steht sie mit bayrisch noch immer auf dem Kriegsfuß. Es hapert noch ein bisschen an der Verständigung vor allem mit Kunden im tiefsten Urbayrisch, aber nach vier Wochen kann man auch nicht viel mehr erwarten.
In einem Punkt fühlt sich die Düsseldorferin an ihre Heimat erinnert. Als Karnevalfan kennt sich Charlotte nur zu gut mit angetrunkenen Mengen aus. Auch die bunte Aufmachung der feierwütigen Menge lässt sich zumindest in Anklängen, man traut es sich ja kaum zu sagen, mit der bunten Kostümierung im Straßenkarneval vergleichen. Also alles gar nicht mal so anders. Die frische Wahlmünchnerin hat jedenfalls bis jetzt noch nicht die Nase voll vom Oktoberfest und sind wir mal ehrlich: Es gibt doch auch keinen besseren Weg um sich schneller in die bayrische Lebensart einzuleben als auf dem Oktoberfest, oder?